Beendigung der tödlichen Arrhythmie mit Licht

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BILD: A: Optogenetische Defibrillation (blauer Balken) stoppt Herzrhythmusstörungen im Mausherz. B: Simulation der optogenetischen Defibrillation (roter Balken) in einem Modell eines menschlichen Herzens. mehr

Bildnachweis: © Bild: Tobias Brügmann (Universität Bonn)/Patrick M. Boyle (Johns Hopkins University)

Einem Forscherteam der Universität Bonn ist es erstmals gelungen, mit Lichtreizen lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen in Mausherzen zu stoppen. Darüber hinaus könnte diese Technik, wie Computersimulationen an der Johns Hopkins University zeigen, auch für menschliche Herzen erfolgreich eingesetzt werden. Die Studie eröffnet einen völlig neuen Ansatz für die Entwicklung implantierbarer optischer Defibrillatoren, bei denen die starken elektrischen Impulse herkömmlicher Defibrillatoren durch sanftere, schmerzfreie Lichtimpulse ersetzt werden. Das Journal of Clinical Investigation hat die Ergebnisse nun veröffentlicht.

Kammerflimmern! Wenn der Herzmuskel rast und sich nicht mehr geordnet zusammenzieht, folgt häufig ein plötzlicher Tod aufgrund mangelnder Durchblutung. In einem solchen Notfall hilft ein Defibrillator, die normale Herzaktivität durch intensive Elektroschocks wiederherzustellen. Bei Patienten mit bekanntem Risiko für diese Arrhythmien ist die prophylaktische Implantation eines Defibrillators die Behandlung der Wahl. Wenn Kammerflimmern erkannt wird, wird automatisch ein Stromimpuls erzeugt, der die Erregung des Herzmuskels normalisiert und das Leben der Person rettet.

„Wenn ein implantierter Defibrillator ausgelöst wird, was leider auch wegen falscher Erkennung von Herzrhythmusstörungen passieren kann, ist es immer ein sehr traumatisches Ereignis für den Patienten“, sagt der Leiter der Studie, Juniorprofessor Philipp Sasse vom Institut für Physiologie I der Universität Bonn. „Der starke Stromschlag ist sehr schmerzhaft und kann sogar das Herz weiter schädigen“. Daher untersuchte das Team von Professor Sasse die Prinzipien für eine schmerzfreie, sanftere Alternative. Wie die Wissenschaftler nun gezeigt haben, kann Kammerflimmern durch optische Defibrillation gestoppt werden.

Optische Defibrillation erfordert Gentransfer

Das Team verwendete die neue Methode der „optogenetischen“ Stimulation von Mausherzen, in die Gene für sogenannte Channelrhodopsine eingefügt wurden. Diese Kanäle stammen von einer Grünalge und verändern bei Beleuchtung die Ionenpermeabilität der Herzzellmembranen. Als die Forscher Kammerflimmern im Mausherz auslösten, reichte ein Lichtimpuls von einer Sekunde, der auf das Herz angewendet wurde, aus, um den normalen Rhythmus wiederherzustellen. „Das ist ein sehr wichtiges Ergebnis“, betont Erstautor Dr. med. Tobias Brügmann aus dem Team von Professor Sasse. „Es zeigt zum ersten Mal experimentell im Herzen, dass die optogenetische Stimulation zur Defibrillation von Herzrhythmusstörungen eingesetzt werden kann“. Es funktionierte auch bei normalen Mäusen, die das Channelrhodopsin durch Injektion eines biotechnologisch hergestellten Virus erhielten. Dies zeigt eine mögliche klinische Anwendung, da ähnliche Viren bereits für die Gentherapie bei menschlichen Patienten verwendet wurden.

Simulationen zeigen, dass die Ergebnisse auf Patienten angewendet werden könnten

Aber sind die Ergebnisse mit Mausherzen auf den Menschen anwendbar? Um diese Frage zu beantworten, arbeiten die Wissenschaftler der Universität Bonn mit dem Computational Cardiology Lab von Prof. Natalia Trayanova am Institut für Computermedizin und dem Department of Biomedical Engineering der Johns Hopkins University (Baltimore, USA) zusammen. Dort wird die optogenetische Defibrillation in einem Computermodell des Herzens eines Patienten nach einem Herzinfarkt getestet. „Unsere Simulationen zeigen, dass ein Lichtimpuls zum Herzen auch die Herzrhythmusstörungen dieses Patienten stoppen würde“, berichtet Forschungsprofessor Patrick Boyle, der auch Erstautor ist. Dazu musste die Methode der Universität Bonn jedoch für das menschliche Herz optimiert werden, indem anstelle des bei Mäusen verwendeten blauen Lichts rotes Licht zur Stimulation der Herzzellen verwendet wurde. Dieser Aspekt der Studie zeigt die wichtige Rolle, die die Computermodellierung spielen kann, um die systematische Entwicklung therapeutischer Anwendungen für die kardiale Optogenetik zu leiten und zu beschleunigen, eine Technologie, die noch in den Kinderschuhen steckt.

Implantierbare optogenetische Defibrillatoren könnten machbar sein

„Unsere Daten zeigen die grundsätzliche Machbarkeit der optogenetischen Defibrillation zur Behandlung von Kammerflimmern“, fasst Prof. Sasse zusammen. Es kann erwartet werden, dass die Verwendung von Licht, um das flimmernde Herz wieder in einen normalen Rhythmus zu versetzen, schmerzfrei und für den Patienten viel sanfter ist als die Verwendung eines elektrischen Schlags. Die neue Methode befindet sich jedoch noch im Stadium der Grundlagenforschung. Bis implantierbare optische Defibrillatoren für die Behandlung von Patienten entwickelt werden können, wird es noch mindestens fünf bis zehn Jahre dauern, schätzt Prof. Sasse.

Publikation: Optogenetic defibrillation terminates ventricular arrhythmia in mouse hearts and human simulations, Journal of Clinical Investigation, DOI: 10.1172/JCI88950

Kontakt für die Medien:

Junior Prof. Philipp Sasse
Institut für Physiologie I
Universität Bonn
Tel. +49-228-6885212
E-Mail: [email protected]

Dr. Tobias Brügmann
Institute of Physiology I
University of Bonn
Tel. +49-228-6885217
E-mail: [email protected]

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