Schaumspritzguss 2.0

  • Hochdruckschaumspritzguss
  • Cellmould: Das Maschinenkonzept
  • Welche Potenziale bietet der Hochdruckschaumspritzguss?
  • Hochglänzende Oberflächen durch dynamisches Formtemperieren
  • Elastomere eignen sich auch zum Schäumen
  • Technisches Papier von Wittmann Battenfeld

Leichtbau ist ein Trend, der zunehmend alle Bereiche der Fertigungsindustrie durchdringt. In diesem Bereich spielen Kunststoffe aufgrund ihres günstigen Verhältnisses zwischen Leistungsdaten und geringem spezifischem Gewicht eine entscheidende Rolle. Ihr Leichtbaupotenzial kann aber durch Schäumen, beispielsweise durch Schaumspritzgießen, noch weiter gesteigert werden. Einer der Pioniere auf diesem Gebiet ist der österreichische Spritzgießmaschinenhersteller Wittmann Battenfeld. Sein Cellmould-Hochdruckverfahren bietet im Vergleich zu Wettbewerbern vergleichsweise überlegene Leistungsparameter bei gleichzeitig weniger komplexer und damit robusterer Anlagentechnik. Es ist eine 100%ige Eigenentwicklung und dient als Grundlage für eine Reihe neuer, innovativer Anwendungen, wie z.B. Lösungen zur Verbesserung der Oberflächenqualität einschließlich Hochglanz, zur teilweisen Kombination von Kompakt- mit geschäumten Bauteilen in einem einzigen Formteil und zur Verschäumung von thermoplastischen Elastomeren. Diese Lösungen wurden in Zusammenarbeit mit dem bayerischen Technologieunternehmen Schaumform entwickelt (Abb. 1).

Abb.1: Strukturierte Schaumstoffteile mit hochglänzenden Oberflächen sind das Ergebnis eines gemeinsamen Entwicklungsprojekts der Firmen Wittmann Battenfeld, Kottingbrunn, Österreich und Schaumform, Hutthurm, Deutschland

Die Schaumspritzgusstechnik ist kein neues Verfahren. Anwendungen, bei denen dem Kunststoffgranulat chemische Substanzen wie Azodicarbonamid oder Phenyltetrazol beigemischt und mit diesem plastifiziert werden, die nach dem Einspritzen in den Formhohlraum Treibgase freisetzen, sind seit rund 50 Jahren bekannt und werden in der Produktion eingesetzt. Da der Expansionsdruck dieser chemisch freigesetzten Gase nicht mehr als etwa 15 bis 40 bar beträgt, ist ihre Verwendung auf relativ dickwandige Teile mit kurzen Strömungswegen beschränkt.
Um die Anwendungsgrenzen für das Schaumspritzgießen weiter zu erweitern, wurde vor etwa 40 Jahren das Schäumen durch Zugabe eines Inertgases, üblicherweise Stickstoff, entwickelt. Der wesentliche Vorteil besteht darin, dass mit Stickstoff höhere Expansionsdrücke im Bereich von 100 bis 200 bar erreicht werden können. Dies ermöglicht die Nutzung des Leichtbaupotenzials im Schaumstoffspritzguss auch für dünnwandige Bauteile und Bauteile mit langen Fließwegen. Die Vorteile sind neben der Gewichtsreduzierung eine Reduzierung des spezifischen Einspritzdrucks, der zum Füllen der Kavitäten und damit der Schließkraft erforderlich ist, sowie die Kompensation von Schrumpf- und Verzugseffekten. Beide Verfahren werden in der thermoplastischen Kunststoffverarbeitung eingesetzt, von PP bis hin zu technischen Kunststoffen wie PC, PA oder PBT. Jüngste, vielversprechende Entwicklungen zielen darauf ab, die Anwendungsgebiete auch auf thermoplastische Elastomere auszudehnen.

Cellmould: das Maschinenkonzept

Die wesentliche Aufgabe einer Schaumspritzgießanlage besteht darin, während des Plastifizierprozesses eine möglichst homogen dispergierte einphasige Polymer-Gas-Lösung zu erzeugen. Die Technologie, die von allen Lieferanten für diesen Zweck verwendet wird, ist sehr ähnlich. Dennoch gibt es einige Unterschiede in den Details des technischen Designs. Dipl.-Ing.(FH) Wolfgang Roth, Leiter Anwendungstechnik bei Wittmann Battenfeld, formuliert es so: „Die über 40-jährige Praxiserfahrung mit der bei unserem Vorgängerunternehmen Battenfeld, Meinerzhagen, entwickelten Technologie war für uns ein solides Fundament, auf dem wir aufbauen konnten. Unser Ziel war es, die Komplexität des Systems zu reduzieren und gleichzeitig die Anwendungsfelder zu erweitern und damit zuverlässiger zu machen. Aus diesem Grund haben wir unsere Cellmould-Schaumstoffeinspritzeinheit so konzipiert, dass sie der Standard-Einspritzeinheit so nahe wie möglich kommt. Dementsprechend arbeitet unsere Maschine mit einer 20 D Standardschnecke, die vorne um eine 5 D Mischstrecke erweitert wurde.“
Das spezifische Battenfeld-Merkmal der Cellmould-Technologie ist die Trennung zwischen Plastifizierungs- und Gasinjektionsabschnitt der Schnecke, die durch eine feste, zylindrische Barriere an der Schnecke gewährleistet wird. Es ist die Alternative zur Verwendung eines zusätzlichen Hülsenrückschlagventils. Wolfgang Roth ergänzt: „Der Aufwand, zwei Rückschlagventile jeweils den Betriebsbedingungen anzupassen, um sie ausfallsicher, d.h. verschleißfest zu machen, hat uns zu einer einfacheren Lösung motiviert, die wir letztendlich in der Barriere zwischen Plastifizierungs- und Gaseinspritzabschnitt der Schnecke gefunden haben. Diese Lösung hat sich in der Produktion für alle Maschinengrößen bewährt. Auf diese Weise konnte das Verschleißproblem beseitigt werden, ohne bei der Gasdichte in Richtung des Plastifizierabschnitts der Schnecke in nennenswertem Maße Kompromisse eingehen zu müssen.“
In der Mischstrecke der Plastifiziereinheit wird während eines Dosierhubs verflüssigter Stickstoff (mit bis zu 300 bar Druck beaufschlagt) über einen Injektor in die Kunststoffschmelze zugegeben und diffundiert anschließend in die Schmelze ein. In der Mischstrecke der Schnecke wird die Stickstoffverteilung verstärkt, indem der Schmelzestrom in viele separate Ströme aufgeteilt wird.“ (Abb.2) Da der Zylinder während des Plastifizierens und der Gasinjektion durch ein Nadelabsperrventil in Richtung der Form geschlossen gehalten wird, wird das Schmelze-Gas-Gemisch innerhalb der Plastifiziereinheit unter Druck gehalten. Folglich wird am Ende des Mischprozesses eine einphasige Polymer/ Gas-Lösung erreicht. Während des Einspritzens in den Hohlraum wird es einem Druckabfall ausgesetzt, der die Löslichkeit des Gases in der Kunststoffschmelze verringert. Das fein verteilte Gas keimt in der Schmelze und liefert so den Inhaltsstoff zur Bildung einer Schaumstruktur mit ebenso fein verteilten Zellen.

Parametereingabe und Prozesssteuerung erfolgen direkt über die Maschinensteuerung Sperrgeometrie – Nadelabsperrdüse – Rückschlagventil Manometer Injektor 1 – Dosiergerät Injektor 1
Abb.2: Die Cellmould Plastifiziereinheit: Ihre Kernkomponenten sind ein 25D-Zylinder mit einer 20D-3-Zonen-Plastifizierschnecke und anschließender 5D-Gasinjektions- und Mischzone. Die beiden Funktionszonen der Schraube sind durch einen zylindrischen Haltering (Barriere) getrennt.

Die Ausbildung dieser Struktur hängt von den spezifischen Bedingungen des Spritzgießprozesses ab. Dazu gehören die Viskosität der Kunststoffschmelze, die Einspritzgeschwindigkeit (je höher die Geschwindigkeit, desto feiner der Schaum) und schließlich der voreingestellte Schäumgrad (Materialreduktion). Letztere wird entweder durch Einspritzen einer entsprechenden Unterdosierung in einen feststehenden Hohlraum eingestellt, oder indem ein Hohlraum vollständig gefüllt und anschließend mit einem voreingestellten hochpräzisen Hub geöffnet wird. Um die hohe Einspritzgeschwindigkeit zu erreichen, die eine gleichmäßige Schaumverteilung begünstigt, wird als Teil des Cellmould-Ausstattungspakets ein Einspritzspeicher mitgeliefert (Fig. 3a+3b).

Abb.3a & 3b: Die Komponenten der Cellmould Line sind in identischer Konfiguration für das gesamte Wittmann Battenfeld Maschinenprogramm erhältlich, hier am Beispiel eines Maschinenmodells 110 t dargestellt. Auf dem Zylinder befindet sich ein Gasinjektor, der mit einem kompakten Gasflusssteuermodul verbunden ist.
Neben dem Gasinjektor und dem Gasflusssteuermodul umfasst das Cellmould-Ausstattungspaket auch einen Injektionsakkumulator an der Maschine (Mitte des Fotos) und einen zentralen Stickstoffgenerator in Kombination mit einer Kompressoreinheit.

Der Stickstoff wird entweder aus einer Druckzylinderbatterie entnommen oder durch einen Stickstoffgenerator der Umgebungsluft entzogen. In beiden Fällen wird das Gas anschließend über einen Druckerzeuger, wie er auch in Airmould-Gasinjektionsleitungen verwendet wird, an den Gasinjektor weitergeleitet. Teil des Battenfeld-Linienkonzepts ist, dass mehrere Maschinen gleichzeitig von einem Gasversorgungssystem versorgt werden können (Abb.4). An der Plastifiziereinheit ist zwischen dem Druckerzeuger und dem Gasinjektor ein Gasflussregler angeordnet. Über sein steuerbares Ventilsystem wird der Gasfluss von der Cellmould-Software gesteuert und mit dem Prozess koordiniert (Abb.5). Das Cellmould-Ausstattungspaket ist für das gesamte Wittmann Battenfeld Maschinenportfolio verfügbar.

Abb.4: Die Cellmould linie konfiguration. Das Konzept ist so konzipiert, dass eine oder mehrere Plastifiziereinheiten von einem zentralen Stickstoffgenerator einschließlich Kompressoreinheit mit Gas versorgt werden. Ein von der Cellmould-Software gesteuerter Gasflussregler und ein Gasinjektor sind an jede Plastifiziereinheit angeschlossen, um den flüssigen Stickstoff in den Zylinder zu dosieren.

Abb.5: Hohe Benutzerfreundlichkeit und Prozesstransparenz standen bei der Prozessentwicklung an erster Stelle. Dementsprechend können alle Prozessparameter über die Maschinensteuerung eingestellt, überwacht und aufgezeichnet werden.

Welche Potenziale bietet der Hochdruckschaumspritzguss?

Innerhalb des Formhohlraums wird die Schaumbildung in der Außenhülle der Schmelze aufgrund ihres Kontakts mit der gekühlten Hohlraumwand und der daraus resultierenden Viskositätserhöhung weitgehend unterdrückt, während der heißere Kernbereich die Bildung der Zellstruktur begünstigt. Auf diese Weise werden in großen Teilen des Formteils „Sandwichstrukturen“ gebildet, die aus Deckschichten mit hoher Dichte und Kernteilen bestehen, deren Schüttdichte 5 bis 20% niedriger ist (Fig. 6a+b).

Abb. 6a & 6b: Leichtbauteile aus Kunststoff mit kompakter Außenhülle und strukturiertem Schaumkern, hier am Beispiel eines Gehäusebauteils aus PP mit 3 mm Wandstärke dargestellt.

Die mögliche Dichteverringerung im Formteil zeigt eine direkte Korrelation mit dem Fließweg/Wanddicken-Verhältnis für alle gängigen Kunststoffarten. Bei der PP-Verarbeitung kann beispielsweise bei einem Verhältnis von 100 :1 eine Dichteverringerung von 15 Prozent erreicht werden, während bei 150 :1 eine Dichteverringerung von nur 10 Prozent zu erwarten ist.
Neben der Gewichtsreduzierung bietet der Schaumstoffspritzguss durch die gleichmäßige Wirkung des Expansionsdrucks im Inneren des Schaumstoffkerns zusätzliches Potenzial zur Verbesserung der Qualität von Formteilen, vor allem hinsichtlich Schrumpfung und Verzug. Dieser Effekt ist so stark, dass Sinkspuren und Verzug durch Schrumpfung nahezu zu 100 Prozent eliminiert werden können, wodurch die Gesamtmaßgenauigkeit erhöht wird. Darüber hinaus profitieren die Verarbeiter von mehreren wesentlichen prozesstechnischen Vorteilen, wie einer Reduzierung der erforderlichen Schließkraft um bis zu 50 Prozent aufgrund einer Abnahme der Schmelzeviskosität und damit des Einspritzdrucks, sowie von wirtschaftlichen Vorteilen durch eine Reduzierung der Zykluszeit, insbesondere der Abkühlzeit, aufgrund der geringeren Masse des zu kühlenden Formteils.

Hochglänzende Oberflächen durch dynamisches Formtemperieren

Trotz Ausnutzung aller Parametervariationen, die das Schaumspritzgussverfahren bietet, weisen Leichtbauteile immer noch charakteristische Streifen oder graue Beschläge auf der Oberfläche als gemeinsames Merkmal auf. Dieser Oberflächeneffekt ist darauf zurückzuführen, dass während des Einspritzvorgangs Gasblasen in die Strömungsfront der Schmelze eindringen. Diese Struktur verfestigt sich dann beim Kontakt mit der kühleren Hohlraumwand und bleibt anschließend unverändert. Polierte Oberflächen, wie sie für Sichtteile von Gehäuseteilen erforderlich sind, lassen sich mit der Standardtechnik nicht erreichen. Eine wesentliche Verbesserung der Oberflächengüte kann jedoch durch eine Kombination von Schaumspritzguss mit zyklischer, dynamischer Werkzeugtemperierung erreicht werden, wie sie beispielsweise Wittmann Battenfeld in Form der BFMold- und Variomould-Technologie anbietet. Diese Varianten verwenden ein in die Form integriertes Kühlsystem, um die sichtbare Oberfläche des Formteils zu verbessern, der Kontur des Teils zu folgen und zyklisch mit Heiß / Kalt-Temperaturreglern zu arbeiten. Dieses System steuert die Temperatur begrenzter Formbereiche in der Nähe der Kavität. Durch Erhitzen der Hohlraumwand, beispielsweise mit auf 180°C erwärmtem Druckwasser unmittelbar vor dem Einspritzen der Schmelze mit Gasgehalt, kommt das Material zunächst nicht mit einer kalten Hohlraumwand in Kontakt, so dass sich vor dem Erstarren eine geschlossene Oberfläche ausbilden kann (Fig. 7). Auf diese Weise kann eine hervorragende Oberflächenqualität erreicht werden, die der kompakter Kunststoffteile ebenbürtig ist. Der Vergleich zwischen Teilen mit und ohne dynamische Kühlung, wie in Fig. 8, zeigt, wie stark der Effekt des dynamischen Formtemperierens die Qualität der Oberfläche beeinflussen kann.“

Abb.7: Form mit dynamischem variothermischem Kühlsystem zur Herstellung einer Gehäuseplatte aus einer PC /ABS-Mischung mit hochglänzender Oberfläche.

Abb.8: Dekorplatte aus einem PC/ABS-Blend, links gefertigt mit aktiver dynamischer Kühlung, rechts ohne Aktivierung der dynamischen Formtemperierung.

Elastomere eignen sich auch zum Schäumen

Das Schaumspritzgießen kann auch auf thermoplastische Elastomere ausgeweitet werden. Während gute Schaumstrukturen sowohl durch chemisches als auch physikalisches Schäumen, beispielsweise mit Polypropylen und Polyamid, erreicht werden können, haben unsere Testreihen ergeben, dass die meisten TPE-Typen nur durch physikalisches Schaumspritzen geschäumt werden können. Und nur TPE auf Basis von thermoplastischem Polyester zeigen akzeptable Ergebnisse in Bezug auf Schaumstruktur, Zellfeinheit und Gleichmäßigkeit. Tests haben gezeigt, dass je weicher eine TPE-Formulierung ist, desto stärker treten Oberflächenprobleme beim Schäumen auf, insbesondere wenn das Schaumspritzgießen mit einer hochpräzisen Formöffnung kombiniert wird. Besonders wenn der Hohlraum fein poliert oder sogar hochglanzpoliert ist, zeigt die Oberfläche oft zahlreiche Dellen. Für dieses Phänomen wurden verschiedene Erklärungen vorgeschlagen. Zum einen ist bereits während des Füllens der Kavität Luft zwischen dem Formteil und der Kavitätenwand eingeschlossen, die nicht entweichen kann. Eine alternative Annahme ist, dass eine hochgenaue Öffnung zu einer Trennung des Schaumstoffteils von der Hohlraumwand führt, und dass das expandierende Schaumstoffteil, wenn es wieder mit der Hohlraumwand in Kontakt kommt, stellenweise Luft oder Kunststoffgas einschließt, was dann die Dellen verursacht.“
Testreihen haben gezeigt, dass im Gegensatz zu starren und festen technischen Thermoplasten die Oberflächenprobleme bei der TPE-Verarbeitung durch mittlere bis niedrige Einspritzgeschwindigkeiten deutlich reduziert werden können. Ebenso positive Effekte können durch Strukturierung der Hohlraumwand erzielt werden. Eine strukturierte, perlgestrahlte oder genarbte Oberfläche lässt potentielle Gas- oder Luftblasen über Mikrokanäle in der Kontaktfläche zwischen Formteil und Kavitätenwand entweichen.
Für Streifen an der Oberfläche gelten im Allgemeinen die gleichen Prinzipien wie beim Schaumspritzgießen mit technischen Kunststoffen. Die Lösung besteht auch hier darin, eine dynamische Temperierung um die Konturen der Sichtseite zu verwenden. Wird gleichzeitig eine hochpräzise Öffnung aufgebracht, lassen sich mit geringem Aufwand hochwertige Weichschaumpolster, beispielsweise für Armlehnen im Fahrzeugbau, oder Stoßdämpfer für Handgeräte herstellen, die vor herunterfallenden Beschädigungen geschützt werden müssen. Dies wird in einem separaten Bericht in einer der nächsten Ausgaben weiter erörtert.

Mit innovativer Werkzeug- und Maschinentechnik für eine breite Anwendung

Im Zusammenhang mit der Oberflächenverbesserung wurde bereits erwähnt, dass innovative Werkzeugtechnik eine wesentliche Rolle im Schaumspritzguss spielt. Ein weiterer speziell auf den Schaumstoffspritzguss ausgerichteter Bereich der Werkzeug- und Maschinentechnik ist das System der teilweisen Formöffnung über die Spritzgießmaschine, das die Kombination von kompakten mit geschäumten Bauteilen in einem einzigen Spritzgussteil ermöglicht. Dies ist immer dann notwendig, wenn Funktionselemente aus eher kompaktem Material, wie Haken, Federn oder Bolzen, mit Plattenbauteilen aus geschäumtem Material kombiniert werden müssen. Um dies zu realisieren, wird der um den Schäumhub herum aufzuschäumende Teil des Hohlraums beweglich gemacht. In einem ersten Schritt wird der gesamte Hohlraum für das Formteil gefüllt, wie dies bei einem kompakten Formteil der Fall ist. Anschließend wird nur noch das zu schäumende Teil durch einen hochpräzisen Hub geöffnet. Auf diese Weise können Gehäusekomponenten mit komplexen mechanischen Schnittstellen zu Partnerkomponenten auch in Leichtbauweise realisiert werden.

Mechanische Kennwerte zuverlässig vorhersagbar

Hochdruckgeschäumte Spritzgussteile haben einen charakteristischen Sandwichaufbau mit kompakten Deckschichten und einer geschäumten Kernschicht. Die Grenze zwischen der Deckschicht und dem Kern ist relativ abrupt. Bei Bauteilen geringer Dicke weist die Kernschicht über die gesamte Kernbreite eine nahezu konstante Dichte auf, während bei großer Gesamtdicke ein charakteristisches Dichteprofil vorliegt. Die Verfahrensdurchführung hat ebenso wenig Einfluss auf die Dichte der kompakten Deckschicht wie die Art der gewählten Gasinjektion. Folglich sind die wichtigsten Auslegungsparameter die Reduzierung der Dichte für das Kernteil und die Wandstärke. Diese lassen sich durch Messergebnisse eindeutig definieren und dienen als Kennzahlen für ein von Dr. Norbert Müller, dem Gründer von Schaumform, im Rahmen seiner Dissertation entwickeltes Berechnungsmodell zur Vorhersage der mechanischen Eigenschaften von Bauteilen.

Prozessgestaltung auf Basis einer Modellrechnung

Ausgangspunkt für die Modellrechnung ist eine symmetrische Sandwichstruktur, bei der leicht vereinfacht die spezifischen Materialwerte des Kompaktmaterials für die Deckschichten angenommen werden. Für den geschäumten Kern werden realitätsnahe Schlüsselwerte für das E-Modul und die Bruchdehnung (Streckdehnung bei duktilen Werkstoffen) angenommen. Das Verhalten des Schaumkerns leitet sich aus dem Verhalten des gesamten Sandwichbauteils ab, das bei bekannter Dicke der Deckschichten gut funktioniert. Versuche, bei denen der geschäumte Kern aus einem Bauteil herausgezogen und anschließend mechanisch geprüft wird, sind möglich, führen aber zu stark gestreuten Messergebnissen, die folglich nur eine sehr begrenzte Aussagekraft haben.

Theorie und Praxis stimmen überein

Die optimale Methode zur Prüfung von Steifigkeit und Festigkeit ist die Verwendung von Standardprüfstäben, die aus spritzgegossenen Strukturschaumplatten hergestellt werden. Wenn diese Option nicht verfügbar ist, können alternativ Standardprüfstäbe mit einem Querschnitt von 4 x 10 mm (z. B. Campus-Zugstäbe) verwendet werden. Bei der Analyse der Messwerte ist jedoch zu berücksichtigen, dass nicht nur die 10 mm breiten Deckschichten der Standardstäbe kompakt sind, sondern auch die 4 mm tiefen Seitenflächen. Somit ist ein geschäumter Standard-Zugstab vergleichbar mit einem kleinen Rechteckrohr (10 x 4 mm) mit ca. 0,4 bis 1,0 mm Wandstärke und einem geschäumten Kern.
Wie zu erwarten ist, zeigt die Auswertung von Zugdehnungstests, dass mit zunehmendem Schaumanteil der Zug-Elastizitätsmodul und die Zugfestigkeit entsprechend abnehmen. Dies liegt daran, dass nur noch die im Bauteil enthaltene Materialmenge mechanischen Belastungen standhalten bzw. zur Tragfähigkeit beitragen kann. So zeigen geschäumte Spritzgussprodukte bei gleicher Belastung eine höhere Expansionsrate und brechen bei geringerer Maximalbelastung. Hinzu kommen Kerbeffekte durch Schaumzellen nahe der Deckschicht. Die Messergebnisse zeigen regelmäßig, dass die Abnahme der Zugfestigkeit immer mindestens der Verringerung des Teilegewichts entspricht. (Abb.9)

zugfestigkeit (N/mm2) – Charpy-Schlagzähigkeit (kJ/m2) – Bruchdehnung (%) – kompakt PP
Abb.9: Änderung der Zugfestigkeit, Schlagzähigkeit und Bruchdehnung von PP-SGS 40 in Abhängigkeit vom Prozentsatz der Schaumbildung (0, 5, 10, 15 Prozent)

zugfestigkeit (N / mm2) – Charpy–Schlagzähigkeit (kJ / m2) – Bruchdehnung (%) – kompakt PP

Unter Biegebelastung werden auch die absoluten Werte für Biegefestigkeit und Biegefestigkeit reduziert. Da Sandwichstrukturen jedoch gegenüber dieser Art von Belastung viel widerstandsfähiger sind, ist der Festigkeitsverlust hier deutlich geringer als bei Zugdehnung. Der Biegewiderstand sinkt um einen geringeren Prozentsatz als das Teilegewicht. In den Abbildungen 10 und 11 ist dokumentiert, dass beispielsweise bei einem Schäumgrad von 15% die Steifigkeit im Verhältnis zum Gewicht gegenüber dem Kompaktteil ohne Schaum um 4,8 Prozent gestiegen ist bzw. es möglich ist, starre Bauteile mit geringerem Gewicht zu realisieren.

achsenbezeichnung – Gewicht rel. zur Steifigkeit – Restgewicht
Abb.10: Die Änderung des Biegefestigkeit, das wichtigste Attribut für Gehäusekomponenten. Die Biegefestigkeit in Bezug auf das Gewicht der Prüflinge nimmt bei 5% Schaumbildung nur geringfügig ab, während sie bei 10% Schaumbildung gleich dem Kompaktteil bleibt und bei 15% Dichteverringerung sogar eine merkliche Zunahme zeigt.

biegefestigkeit bezogen auf Gewicht gemessen berechnet
Abb.11: Ein Vergleich zwischen dem gewichtsbezogenen Biegewiderstand nach der Modellrechnung (Schaumform) und den Ergebnissen von Messungen an spritzgegossenen Biegestäben mit 10 x 7 mm Querschnitt zeigt eine gute bis ausgezeichnete Deckungsgleichheit.

Zusammenfassung

Die Schaumstoffspritzgusstechnologie hat durch den zunehmend zunehmenden Trend zu Leichtbauanwendungen einen neuen Innovationsschub erhalten. Die jüngsten Innovationen betreffen Verfahren zur Verbesserung der Oberflächenqualität in Richtung Hochglanz sowie die Kombination von Kompakt- mit geschäumten Segmenten in einem einzigen Formteil. Die wichtigsten Beiträge haben prozess- und formentechnische Weiterentwicklungen geleistet, die vom dynamischen Formtemperieren bis zum hochpräzisen Öffnen ganzer Formen oder Kavitätenabschnitte in einem oder mehreren Schritten reichen. Die bewährten Modellrechnungen, die mittlerweile allgemein verfügbar sind, bieten zusätzliches Potenzial zur Unterstützung bei der Teileauslegung. Insgesamt hat das Schaumspritzgussverfahren damit einen ähnlich hohen Reifegrad erreicht wie die konventionelle Verarbeitung durch Spritzgießen. Es liefert präzise, wiederholbare Dichtereduzierungen und Sandwichstrukturen für eine ständig wachsende Palette von Kunststoffen, einschließlich thermoplastischer Elastomere.

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